Siebels zu Gast bei der OZ-Redaktion

<b>OZ: Herr Siebels, jetzt sind knapp sechs Monate nach ihrem Wahlsieg verstrichen. Wie gefällt Ihnen Ihr Alltag im neuen Beruf als Landtagsabgeordneter?</b> Siebels: Der Alltag gefällt mir gut, die Arbeit macht mir Spaß. So langsam bin an dem Punkt angelangt, dass die Einarbeitungszeit zu Ende geht und ich richtig loslegen kann. <b>OZ: Ihr neuer Arbeitsplatz ist ziemlich verrufen. Alle Besucher sind sehr erschüttert über den Umgangston im Landtag.</b> Siebels (lacht): Die Sitzungen im Plenum, darum geht es hier ja, machen nur einen ganz kleinen Teil meiner Arbeit aus. Ich bin hauptsächlich in Ausschüssen, in Arbeitskreisen und natürlich im Wahlkreis unterwegs. Einmal im Monat sitzen wir für drei Tage im Plenarsaal. Ich kann den Umgangston nicht kritisieren. Es sind nur ein paar Leute dabei, die laut werden und von der Sache abweichen. Das stört mich, weil ich für die Sachauseinandersetzung bin.

OZ: Und wie gefällt es Ihnen in Ihrer Partei? Immer weniger wollen sie wählen und immer weniger wollen Mitglied sein.Siebels: Mir gefällt es nach wie vor ganz gut in der SPD, aber klar: Die Lage der SPD ist ernst. Wir sind nicht in Jubelzeiten mit großen Wahlsiegen, die wir auch mal hatten, sondern die SPD hat eszur Zeit sehr schwer. Sie muss sich neu sortieren.OZ: Sie sind auch Stadtverbandsvorsitzer in Aurich…Siebels: …gestern abend wiedergewählt. Und mich hat niemand gedrängt, ich mache das freiwillig. OZ: Herzlichen Glückwunsch. Trotzdem: Wie halten Sie in diesem Stimmungstief die Genossen bei Laune?Siebels: Das ist gar nicht nötig: Kommunalpolitik macht in der Stadt Aurich Spaß. Die SPD ist ganz gut vertreten, wir sind der Lage, Mehrheiten zu bilden. Wir haben eine Verwaltungsführung, mit derwir gut zusammenarbeiten – kurz, man hat Freude an daran.OZ: Auch als SPD-Mann?Siebels: Auch als SPD-Mitglied. Natürlich merkt man, dass die Gesamtlage in der Partei nicht erfreulich ist, aber im der Kommunalpolitik kümmert man sich doch eher um die Dinge vor Ort, umdie Stadtentwicklung.OZ: Sie sind auch Juso-Landesvorsitzer und haben bestimmt ein Rezept in der Tasche, was die SPD tun muss, um wieder über 20 Prozent zu kommen.Siebels: Wenn ich’s hätte, würde ich es auf den Tisch legen. Ich finde, es hat in der letzten Zeit einige brauchbare Vorschläge gegeben…OZ: Nennen Sie doch mal die drei besten.Siebels: Die SPD hat vorgeschlagen, die Arbeitnehmer von Abgaben zu entlasten und gleichzeitig die Lasten besser zu verteilen – also auf diejenigen mit den breiteren Schultern. Das ist einsinnvolles und durchdachtes Rezept. Auch die Idee, mit Gesine Schwan eine eigene Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl aufzustellen, fand ich gut. Ich glaube, dass die SPD sich jetztentscheiden muss, wo sie eigentlich hin will. Sie muss sich neu sortieren und klären, was in den vergangenen Jahren überdeckt worden ist: Nämlich die Frage, wie wir mit der Agenda 2010 umgehen. Die einen sagen: Das ist Teufelszeug. Für die anderen ist es das Allheilmittel, eine heilige Kuh. Ich finde, die SPD muss sagen, was an der Agenda gut ist, was wir behalten wollen und was an der Agenda nicht so gut ist, was wir verändern müssen, weil es keinen Erfolg gebracht hat.OZ: An Inhalten ist Ihre Partei im Moment eher weniger interessiert. Für die niedersächsische SPD ist seit Wochen das wichtigste Thema die niedersächsische SPD. Sie streiten nicht über Inhalte, sondern über Bürokratenkram, nämlich über Parteistrukturen.Siebels: Es ist vernünftig, dass eine Partei, die bei der Landtagswahl im Januar das schlechteste Ergebnis nach dem Krieg eingefahren hat, diskutiert, ob die Strukturen noch stimmen. Ich finde,nach so einer Wahl ist ein reinigendes Gewitter gar nicht schlecht. Man kann sich gerne drei Monate lang damit befassen. Man muss Entscheidungen treffen und dann muss auch gut sein. Dann muss sich die SPD ganz dringend wieder inhaltlichen Fragen zuwenden. OZ: Wie ist Ihr Verhältnis zum Landesvorsitzer Garrelt Duin?Siebels: Gut.OZ: Merkwürdig. Normalerweise liegen der Juso-Vorsitzer und der Vorsitzer der Mutterpartei imDauerclinch. Leute wie Gerhard Schröder oder Andrea Nahles haben sich auf diese Weise profiliert und sind etwas geworden in der Partei.Siebels: Natürlich bin ich nicht immer in allen Punkten mit dem Vorsitzenden einer Meinung. Ichbin aber jemand, der das nicht unbedingt nach außen trägt. Und außerdem glaube ich, unsereSpitzenleute Wolfgang Jüttner in der Fraktion Garrelt Duin in der Partei eine gute Arbeit machen.OZ: Vielleicht gibt es keinen Streit, weil es keine Richtung in der Partei gibt.Siebels: Das sehe ich nicht so. Unser Landeswahlprogramm ist sehr konkret und hat eine eindeutige Richtung, nämlich eher links. Damit können die Jusos gut leben.OZ: Kommen wir zur letzten und wichtigsten Frage: Wird Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft die Vorrunde überstehen?Siebels: Ganz ehrlich: Ich bin kein Fußballkenner. Aber als jemand, der immer positiv denkt, bin ich überzeugt, dass wir das schaffen.Quelle OZ vom 14. Juni 2008